Die Hanse
exportierte
vieles.

Die Kaufleute der Hanse sorgen mit ihren Aktivitäten für eine bis dahin ungekannt schnelle und weite Verbreitung einer großen Vielfalt von Gütern. Zu echten Exportschlagern entwickeln sich vor allem Produkte wie Bernstein, Stockfisch, Gewürze, Stoffe und Pelze. So wird beispielsweise auch der kostbare Hermelinpelz ein begehrtes Status- und Machtsymbol in großen Teilen Europas.

Jean Fouquet: Français : Frontispice des Statuts de l'ordre de Saint-Michel, exemplaire destiné à Louis XI
Jurjewetz, Museen der Stadt Jurjewetz (Юрьевец, Музеи города Юрьевца), JuKM-2010 (ЮКМ-2010) (olim Archiv der Hansestadt Lübeck, Hs. 734) Albrecht von Bardewik- Lübisches Recht ("Bardewikscher Codex") (Lübeck, 1294)

Aber auch immaterielle Exportgüter wie z.B. das Lübische Recht, das Stadtrecht Lübecks (erstmals niedergeschrieben im Bardewiker Kodex, 1294), wird durch die Hanse schnell in über 100 Städte des Ostseeraums getragen und von ihnen übernommen. Dieses gemeinsame Stadtrecht der Städte des Hanseraums erleichtert die Handelsbeziehungen der Kaufleute enorm. Der Rat ist im Lübischen Recht die wichtigste Instanz der Stadt.

Ein weiteres kulturelles Exportgut der Hanse ist die Sprache. Durch das Zusammenkommen der hansischen Kaufleute entwickelt sich unter ihnen zunächst eine Art Standardniederdeutsch. Dies ist, genau wie das gemeinsame Recht, von großem Vorteil für den Handel. Es ermöglicht den Kaufleuten, sich über regionale und nationale Grenzen hinweg barrierefrei zu verständigen – und so einfacher Waren und Ideen auszutauschen. Der Hanse können nur Menschen angehören, die Niederdeutsch sprechen und auch schreiben können.

Brief von Hildebrand Veckinchusen an seine Frau Margarete, 1422, Original im Staatsarchiv Tallinn. Abgebildet: Faksimile im Europäischen Hansemuseum, Foto: Europäisches Hansemuseum © Olaf Malzahn

Vom 13. bis zum 17. Jahrhundert findet dann das Mittelniederdeutsch seine volle Ausbreitung – auch in der Breite der Gesellschaft. Das Mittelniederdeutsch ist die Sprache, die uns in den Quellen der Hanse begegnet.

Aus dem Mittelniederdeutschen entwickelte sich das Neuniederdeutsch, das uns vor allem als Plattdeutsch bekannt ist. Es wird heute von etwa 4 bis 8 Millionen Menschen in verschiedenen lokalen und regionalen Färbungen gesprochen – vorwiegend in Norddeutschland sowie im Osten und Nordosten der Niederlande. Die Sprache ist im Rahmen der Sprachencharta des Europarates offiziell anerkannt und geschützt.

Aber wie hört es sich eigentlich an, das Plattdeutsch? Hier eine Liebeserklärung an die eigene Muttersprache vom niederdeutschen Lyriker Klaus Groth (1819-1899).

Min Modersprak – Institut für niederdeutsche Sprache e.V.

Min Modersprak, wa klingst du schön!
O Muttersprache, klingst du rein!
Wa büst du mi vertrut!
Wie bist du mir vertraut!
Weer ok min Hart as Stahl un Steen,
Wär‘ auch mein Herz wie Stahl und Stein,
Du drevst den Stolt herut.
Du triebst den Stolz heraus.

Du bögst min stiwe Nack so licht
Du beugst den steifen Hals so leicht
As Moder mit èrn Arm,
Wie Mutters lieber Arm,
Du fichelst mi umt Angesicht.
Du schmeichelst mir ums Angesicht
Un still is alle Larm.
Und weg ist aller Harm.

Ik föhl mi as en lüttjet Kind,
Ich fühle wie ein kleines Kind,
De ganze Welt is weg.
Die Welt ist einerlei.
Du pust mi as en Voehrjahrswind
Du bläst mir wie ein Frühjahrswind
De kranke Boss torecht.
Den kranken Busen frei.

Min Obbe folt mi noch de Hann‘
Großvater faltet mir die Hand
Un seggt to mi: Nu bè!
Nun bete, ist sein Rat.
Un „Vaderunser“ fang ik an,
Und „Vater unser“ fang ich an
As ik wul fröher dè.
Wie ich es früher tat.

Un föhl so deep: dat ward verstan,
Die Rede wirkt, schenkt neuen Mut,
So sprickt dat Hart sik ut.
So spricht das Herz sich aus;
Un Rau vun’n Himmel weiht mi an,
Himmlische Ruhe weht mich an
Un allns is wedder gut!
Nun ist es wieder gut.

Min Modersprak, so slicht un recht,
O Muttersprache, recht und schlicht,
Du ole frame Rèd!
Du alte, fromme Red‘.
Wenn blot en Mund „min Vader“ seggt,
Wenn nur ein Mund ‚mein Vater‘ spricht,
So klingt mi’t as en Bèd.
Klingt es wie ein Gebet.

So herrli klingt mi keen Musik
So herrlich klingt keine Musik;
Un singt keen Nachdigal;
Singt keine Nachtigall;
Mi lopt je glik in Ogenblick
Mir läuft im selben Augenblick
De hellen Tran hendal.
ein Tränenstrom zutal.

Und welche Spuren hat die Sprache der Hansezeit in den unseren modernen Sprachen hinterlassen? Viele! Besonders im heutigen Englisch, Deutsch, Niederländisch, aber auch in der russischen Sprache finden sich eine Vielzahl von Ähnlichkeiten.

Alles Hanse?

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